Neuigkeiten
Zurück zur Übersicht
24.04.2024
Gebot fairen Verhandelns bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 24.02.2022 (Az.: 6 AZR 333/21) entschieden, dass der Arbeitgeber, der den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitnehmer anstrebt, aufgrund der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen kann, sodass der entsprechend zustande gekommene Aufhebungsvertrag anfechtbar ist.
Im konkreten Fall aber reichte dem Gericht der Vortrag der dortigen Klägerin für einen Verstoß des Arbeitgebers gegen das Gebot fairen Verhandelns und für eine Anfechtbarkeit des Vertrages nicht aus, sodass die Klage rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Arbeitgeber hatte die Klägerin unstreitig mit dem Vorwurf konfrontiert, sie habe unberechtigt Einkaufpreise in der EDV des beklagten Arbeitgebers abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Ebenfalls unstreitig unterzeichnete die Klägerin am 22.11.2019 einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 30.11.2019 nach einer ca. 10minütigen Gesprächspause in dem Verhandlungsraum, in dem neben ihr der Geschäftsführer des beklagten Arbeitgebers und ein von diesem bevollmächtigter Rechtsanwalt anwesend waren. Diesen Aufhebungsvertrag hat die Klägerin angefochten. Zur Begründung hatte sie vorgebracht, man habe ihr seitens des Arbeitgebers für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrages eine außerordentliche Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige gegen sie „in Aussicht gestellt“. Außerdem habe sie über die 10 Minuten hinaus keine längere Bedenkzeit erhalten, um sich Rechtsrat einholen zu können.
Das BAG hielt die Drohung des Arbeitgebers mit einer außerordentlichen Kündigung und einer Strafanzeige nicht für widerrechtlich, da ein verständiger Arbeitgeber im vorliegenden Fall solche Maßnahme ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Auch kam das BAG zu dem Schluss, dass der Arbeitgeber nicht unfair verhandelt habe. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin sei nicht dadurch verletzt worden, dass der beklagte Arbeitgeber das Angebot zum Abschluss des Aufhebungsvertrages nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und sich die Klägerin deshalb sofort entscheiden musste.
(Rechtsanwalt Manzau)
Zurück zur Übersicht